Beschluss: Lösungen für Familien in Zeiten von Corona in Berlin

Veröffentlicht am 30.04.2020 in Bezirks-SPD

Beschluss des SPD-Kreisvorstandes Tempelhof-Schöneberg am 29.4.2020 (als PDF-Datei)

 

Lösungen für Familien in Zeiten von Corona in Berlin

Seit nunmehr fünf Wochen hangeln sich Familien durch den Alltag zwischen Homeoffice, Kinderbetreuung und einer auch für sie neuen Konstellation des 24/7 Zusammenseins im Familienkreis. Allen muss klar sein, dass echtes Vollzeit-Homeoffice mit der gleichzeitigen Betreuung von Kleinkindern ein unmögliches Unterfangen ist. In den letzten Wochen haben diesen Spagat viele Familien geschafft, wenngleich oftmals eher im Sinne eines “Über die Zeit retten”. Auch deshalb war die Aussage der Bundesregierung und Ministerpräsidentinnen und -präsidenten und Landeschefs, dass “Kitas vorerst geschlossen (bleiben)” - und wie im Folgenden durch das Land Berlin ausgeführt wurde, voraussichtlich bis 01.08.2020 - für viele Eltern ein Schlag ins Gesicht.

Die SPD steht für gute Bildung für alle und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, deshalb ist es für uns eine Selbstverständlichkeit, in dieser für alle außergewöhnlichen Situation auch und insbesondere Familien in den Blick zu nehmen. Dabei wollen wir genauso die pädagogischen Fachkräfte, ihre Gesundheit und die ihrer Angehörigen im Blick behalten.

 

Wir lassen Familien nicht alleine

In der aktuellen Situation ist in vielen Familien Not ausgebrochen. Neben der geschlossenen Kita ist für Familien durch geschlossene Spielplätze, abgesagte Sport- und Bewegungsstunden etc. auch jegliche Alternative zum Aufenthalt in der Wohnung weggebrochen. Für (Klein-)Kinder reichen Spaziergänge an der frischen Luft aber lange nicht aus. Die Belastungserscheinungen können Familien bundesweit an ihren Kleinkindern erleben: gelangweilte Kinder, Verhaltensauffälligkeiten zuhause durch fehlenden sozialen Kontakt und immer mehr ratlose Eltern, die komplett für die nächste Tagesbeschäftigung sorgen müssen.

Viele Familien mit kleinen Kindern sind selbst im Normalzustand mit intakten Betreuungs- und Unterstützungsnetzwerken an ihren Belastungsgrenzen. Wenn all dies jedoch längerfristig ausfällt, sind auch stabile Familienkonstellationen überstrapaziert. Um ihre Aufgaben und Arbeitszeiten ansatzweise zu erledigen sind für die meisten Eltern im Homeoffice Arbeitszeiten von 5.30h bis 22:30/23h Alltag. Hier wollen wir Perspektiven anbieten.

 

Gesundheit der Fachkräfte gewährleisten

Die SPD Berlin setzt sich seit vielen Jahren für die Belange der Kita-Fachkräfte in der Stadt ein. So haben wir die Arbeitsbedingungen unter anderem dadurch verbessert, dass weniger Kinder von einer Fachkraft betreut werden. Auch der Leitungsschlüssels wurde zugunsten der Fachkräfte angepasst. Außerdem wird über das Gute-Kita-Gesetz im kommenden Jahr u.a. eine Brennpunktzulage und eine bessere Ausstattung in den Einrichtungen finanziert.

Gerade in Zeiten von Corona muss der Gesundheitsschutz der Kitafachkräfte verstärkt im Fokus der Debatte stehen. So ist eine schrittweise Öffnung der Einrichtungen nur möglich, wenn die gesundheitlichen Risiken, die die Fachkräfte tragen, auf ein Minimum reduziert werden können. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass in Berlin viele Fachkräfte zur Risikogruppe (Ältere Menschen, Menschen mit Vorerkrankungen) zählen und mit Risikogruppen in einem Haushalt leben. Auch deren Ängste und Sorgen müssen bei den Planungen bedacht werden. Eine Rückkehr zum Normalbetrieb und damit zur hundertprozentigen Auslastung der Einrichtungen scheint deshalb noch für eine längere Zeit nicht möglich zu sein. Es muss somit ein Konzept entwickelt werden, welches über viele Monate trägt und eine Balance zwischen den Bedürfnissen von Kindern, Familien und pädagogischen Fachkräften findet.

Deshalb fordern wir den Senat auf, ein Konzept für die schrittweise Öffnung der Einrichtungen zu entwickeln, welches auch den Gesundheitsschutz der Fachkräfte berücksichtigt. Dabei sollten folgende Punkte eingepflegt werden:

  • Um Kitas und Fachkräften Planungssicherheit zu bieten, wäre eine Strategie, die eine prozentuale Auslastung der Einrichtungen vorschreibt, sinnvoll. Diese sollte von einer abgestuften Festlegung der betreuungsberechtigten Personengruppen ergänzt werden. Nur so können Kitas und Fachkräfte auf Dauer mit festen Strukturen planen.
  • Um die Sicherheit der Fachkräfte und die gesundheitlichen Risiken für Familien zu reduzieren, sollte die gesamte pädagogische Arbeit in kleinen und konstant zusammengesetzten Gruppen stattfinden. Eine Mischung der Gruppen ist zu vermeiden. Eine Öffnung der Kitas für weitere Zielgruppen ist dann ggf. über ein modularisiertes Angebot, wie im Folgenden beschrieben, möglich.

Familien brauchen Lösungen

Wir wollen schnelle und kurzfristige Lösungen anbieten, um die beschriebene Not zu lindern und der Bedeutung von Kindern und Familien in unserer Gesellschaft einen angemessenen Stellenwert zu geben.

Wir müssen dabei zwei Herangehensweisen miteinander verbinden. Die Ausweitung der Betreuungsmöglichkeiten muss mit dem Infektionsschutz in Einklang gebracht werden. Das Infektionsgeschehen ist dabei stetig zu berücksichtigen. Dabei kann eine frühere Rückkehr zur Regelbetreuung ebenso möglich sein, wie eine erneute vorübergehende Einschränkung des Kitabetriebes.

 

Kriterien für eine Ausweitung der Notbetreuung

Familien, in denen Eltern systemrelevanter Beschäftigung nachgehen, brauchen besondere Unterstützung. Die Liste der anspruchsberechtigten Berufsgruppen muss analog zu den stattfindenden Lockerungen erweitert werden. Essentiell ist, dass jede Familie als anspruchsberechtigt gelten muss, in der ein Elternteil in einer als systemrelevant eingestuften Branche arbeitet. Alles andere führt dazu, dass das andere Elternteil im Zweifel die Alleinlast der Betreuung tragen muss und i.d.R. einer eigenen Beschäftigung kaum noch nachgehen kann. Darüber hinaus unterstützen wir die Planung des Senats, Kinder von Alleinerziehenden, Kinder aus dem letzten Kitajahr sowie Kinder, die besondere Herausforderungen haben, zuerst wieder in den Kitabetrieb zu integrieren. Zur letzteren Gruppe sollten Kinder gehören, die bspw. aus Familien mit auffälligen innerfamilialen Bindungsproblematiken wie mangelnde Bedürfniswahrnehmung aufseiten des Kindes, Partnerschaftskonflikte, emotionales Eskalationspotential stammen sowie Kinder aus Familien, die in stark beengten und herausfordernden Wohnverhältnissen leben. Das Angebot sollte auch Integrationskinder berücksichtigen.

 

Jedes Kind ist uns wichtig

Wir müssen so ehrlich sein: es kann nicht für alle Kinder einen Platz in der Notbetreuung geben. Aber natürlich haben alle Kinder den Wunsch nach Kontakt zu anderen Kindern, das Bedürfnis nach ausreichend Platz zum Spielen und Toben und ein Recht auf Bildung und Förderung. Gerade die Kleinsten sind auf unsere Unterstützung angewiesen und haben unseren Schutz verdient. Das gebietet auch die UN Kinderrechtskonvention, in der u.a. die Rechte von Kindern auf Kontakte, auf Spiel und Teilhabe sowie Recht auf Schutz festgeschrieben sind. Deshalb wollen wir mehr Kindern Zugang zur Kita bieten. Dies könnte in einem modularisierten Verfahren geschehen. Neben den zuvor genannten Kindern, die Anspruch auf eine tägliche Betreuung haben, könnten perspektivisch in weiteren Schritten Kinder für zwei (bspw. montags und dienstags) bzw. drei Tage (mittwochs bis freitags) in der Woche in festen Gruppen betreut werden. Dies würde die Betreuung von generell mehr Kindern ermöglichen und insbesondere berufstätige Eltern teilweise entlasten. Wir fordern die Berliner Landesregierung deshalb auf, ein entsprechendes Konzept zu erarbeiten.

 

Kontakt und Bildungsangebote

Kontakte mit anderen Kindern und liebevollen Pädagog*innen sind für Kinder und ihre Entwicklung fundamental. Das Berliner Bildungsprogramm und das Sprachlerntagebuch bieten zudem den inhaltlichen Rahmen der frühkindlichen Bildung an Berliner Kitas. Wir wissen, dass nicht alle Kinder zu Hause gleichermaßen gefördert werden (können). Es ist eine sozialdemokratische Grundüberzeugung, hier zu unterstützen und Bildung und Erziehung für alle Kinder zu ermöglichen.

  • Kontakt im kleinen Kreis
    Kinder brauchen den Kontakt zu anderen Kindern. Gerade unter den ganz Kleinen (u3) gibt es viele Einzelkinder, denen nun bereits seit fünf Wochen jeglicher Kontakt zu Gleichaltrigen verwehrt ist. Auch im Sinne ihrer sozialen und emotionalen Entwicklung ist eine Lockerung der Kontaktsperre, bspw. für einen privaten Betreuungskreis (s.u.) zwingend geboten.

  • Digitale Angebote
    Dafür sollten, wenn möglich, auch digitale Angebote der Kitas geschaffen werden (z.B. einen digitalen Morgenkreis). Das gibt einerseits die Möglichkeit die Kinder zu sehen und sich von ihrem Wohlergehen zu überzeugen, andererseits schafft es Struktur für den Tag, kann vielleicht Spielanregungen für die weitere Tagesgestaltung geben und gibt den Kindern die Möglichkeit, ihre Freunde wiederzusehen und den Kontakt zu ihrer Gruppe zu halten. Die Senatsverwaltung erarbeitet gemeinsam mit den Trägern einen Leitfaden, welche digitalen Angebote wie sinnvoll eingesetzt werden können.

  • Materialien und Bastelanleitungen
    Nicht alle Familien verfügen zuhause über eine entsprechende IT-Ausstattung, so dass den Familien angelehnt an das Berliner Bildungsprogramm Arbeits- und Bastelmaterialien von der Kita zur Verfügung gestellt werden sollen, die eine Förderung im häuslichen Bereich ermöglicht. Die Senatsverwaltung erarbeitet gemeinsam mit den Eigenbetrieben und freien Trägern einen Leitfaden, welche Materialien sinnvoll eingesetzt werden können und wie diese die Familien erreichen.  

     

Ein weiterer Punkt ist die Betreuung der Kinder außerhalb der pädagogischen Einrichtungen, damit die Eltern arbeiten können. Auch da wollen wir Eltern unterstützen. 

  • Lockerung der Kontaktbeschränkungen für Familien

Eltern sollen sich im kleinen Rahmen (3 – 5 Familien) mit anderen Eltern zusammentun dürfen, um sich gegenseitig zu unterstützen (falls notwendig mit eidesstattlichen Erklärungen und Buchführung, wer teilnimmt).

  • Babysitter-Fonds

Im Sinne “Ein Babysitter - eine Familie” werden erstens Kontaktbeschränkungen gelockert. Zweitens wird eine Vermittlungsplattform zwischen betroffenen Familien und möglichen Babysittern (z.B. sind vielen Studierenden Nebenjobs weggebrochen) geschaffen, die alle Teilnehmenden auf Kontaktregeln und Hygienemaßnahmen vertraglich verpflichtet. Drittens wird über einen Babysitter-Fonds finanzielle Unterstützungen für entstehende Kosten ermöglicht.

 

Platz zum Spielen

Kinder brauchen Platz zum Spielen. Gerade in Berlin, wo Platz eine knappe Ressource ist, sind öffentliche Spielplätze wichtige Lern- und Erfahrungsräume für Kinder. Durch die Schließung der Spielplätze fallen, insbesondere in hochverdichteten Gebieten Berlins, diese Möglichkeiten für viele Kinder weg. Das kann zu psychischen Belastungen und zu erhöhtem Stress und Konflikten in der Familie führen. Gleichzeitig ist wissenschaftlich hoch umstritten, ob die Nutzung von Spielgeräten auf Spielplätzen ein zusätzliches Infektionsrisiko darstellt. Diese Frage muss der Senat schnellstmöglich mit ExpertInnen erörtern und daraus Konsequenzen ziehen. Ziel muss sein, einen konkreten Plan für die mittelfristige, ggf. schrittweise Wiedereröffnung der Spielplätze zu erarbeiten.

Solange Spielplätze aber geschlossen bleiben (müssen), braucht es im dicht besiedelten Berlin zwingend Alternativen, um Kindern Spiel, Bewegung und Erfahrungen zu ermöglichen.

  • Spielstraßen
    Nach dem Vorbild Wien sollten zusätzlich wenig befahrene Straßen zumindest zeitweise in Spielstraßen umgewandelt werden - nur so haben Kinder eine Chance i, das notwendige Aktivitätslevel zu erreichen und gleichzeitig genügend Abstand z.B. beim Fahrrad oder Rollschuh fahren einhalten zu können.

  • Sportstätten
    Für die bisher geschlossenen ungedeckten Sportstätten muss geprüft werden, inwiefern sie Hygiene- und Abstandsregeln-konform für Kinder und Familien zugänglich gemacht werden können. Auch hier ist ein Konzept zu entwickeln.

     
  • Kinder- und Kleinkindturnstunden - bestenfalls in kleinen, festen Gruppen - könnten in ungedeckten Sportstätten oder Parks, an der frischen Luft mit ausreichend Platz für jedes einzelne Kind, angeboten werden. So würde gleichzeitig auch etwas für die Arbeitnehmer*innen getan werden, die als Turnlehrer*innen arbeiten und denen derzeit ihre Arbeitsgrundlage weggebrochen ist.

  • Museen und Zoos/Tierparks
    Außerdem könnten Museen und Zoos nur für Familien geöffnet werden und mit Ticketsystemen vorab der Eingang gesteuert werden.

Kinder gesund ernähren, Eltern entlasten

Für eine ausgewogene Ernährung und die Versorgung mit gesundem Frühstück, Mittag- und Abendessen brauchen Familien vor allem viel Zeit für Zubereitung und Einkäufe. Wer die nicht hat, greift im Zweifel zum Fertiggericht oder auf einfache, weniger ausgewogene Mahlzeiten zurück. Gleichzeitig ruht bei zahlreichen Kita-Versorgern wie Caterern und Großküchen die Arbeit; laufende Verträge werden nicht erfüllt, die wirtschaftliche Grundlage entfällt. Eine für beide Seiten nachhaltige und entlastende Lösung wäre eine Versorgung durch “Essen auf Rädern” für von Kita-Schließungen langfristig betroffene Familien. Vorgekochte, gesunde Gerichte zum Aufwärmen durch Lieferungen nach Hause würden Familien ganz praktisch und unkonventionell entlasten und würden eine logistisch mögliche, neue Geschäftsgrundlage für die von der Kita-Schließung betroffenen Dienstleister eröffnen. Ähnlich dem Kita-Essens wird die Versorgung für interessierte Familien durch das Land Berlin finanziell unterstützt.

 

Verantwortungsbewusste Eltern

Alle diese Maßnahmen stehen natürlich unter dem Vorbehalt, dass sich insbesondere die Eltern dazu verpflichten, Hygienemaßnahmen und Mindestabstände zu beachten und deren Einhaltung zu verfolgen. Ohne Selbstdisziplin der Erwachsenen, eigenverantwortlich mit neuen Spielräumen umzugehen, werden Lockerungen nicht dauerhaft möglich sein. Wenn es nicht gelingt, die Infektionszahlen weiterhin auf einem bewältigbaren Niveau zu halten, können bzw. müssen diese Lockerungen wieder aufgehoben werden. Das muss allen ständig bewusst sein.

 

Foto: Simone M. Neumann

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