Die SPD Tempelhof-Schöneberg lud am 11. Mai zum Rathausforum und erzielte damit überbezirkliches Interesse. Gäste aus Neukölln, Reinickendorf und Friedrichshain-Kreuzberg nutzten das Diskussionsangebot zum innerparteilich umstrittenen Thema ÖPP – Öffentlich Private Partnerschaften.
In seinem Eingangsreferat versuchte Dr. Michael Bürsch (SPD-MdB, Schleswig-Holstein) eine enge Definition öffentlich-privater Partnerschaften – wie sie auch Gegenstand des ÖPP – Beschleunigungsgesetz ist - zur Grundlage der weiteren Diskussion zu machen. Ob es sich lohne, Private mit Bauinvestitionen zu betrauen und ihnen für einen festgelegten Zeitraum den Betrieb der so errichteten oder sanierten öffentlichen Einrichtungen gegen vertraglich festgelegte Entgelte zu übertragen, sei letztendlich eine Rechenaufgabe. Beispiele belegten, dass eine solche quasi Miet-Lösung durchaus wirtschaftlicher sein könne, als die Investition und den Betrieb klassisch aus öffentlichen Haushalten zu bestreiten. Es sei schließlich zu berücksichtigen, dass Investitionen in der Regel auch mit geliehenem und zu verzinsendem Geld getätigt werden müssten.
Nachdem Bezirksbürgermeister Ekkehard Band einige praxisorientierte Beispiele aus Tempelhof-Schöneberg und anderen Kommunen gewürdigt hatte, die ein uneinheitliches Bild vom Erfolg von ÖPP-Projekten ergäben, äußerte sich Martin Matz (SPD-MdA) deutlich vorsichtiger als Michael Bürsch zum Finanzierungsinstrument ÖPP.
Matz kritisierte, ÖPP-Projekte rechneten sich vor allem daher, weil in den Wirtschaftlichkeitsberechnungen die vergangenen Fehler der öffentlichen Hand bei Finanzierungen, Bauüberwachungen, Personaleinsatz etc. als Dauerzustand unterstellt werden, bei den privaten Partnern aber eine zukünftige Optimierung eingerechnet wird. Sein Fazit: Erst sauber rechnen, dann sei es im Einzelfall nicht auszuschließen, dass eine ÖPP für alle Beteiligten sinnvoll sei.
In der anschließenden Aussprache war Bürschs enge Definition nicht immer Diskussionsgegenstand. Insbesondere die zahlreich vertretenen Mitglieder des Donnerstagskreises ließen sich nicht darauf ein, ÖPP-Projekte von der übergeordneten Frage von Privatisierungen bislang öffentlicher Aufgaben abkoppeln zu wollen. Demokratietheoretisch wurde überdies zu bedenken gegeben, jahrzehntelange vertragliche Festlegungen würden die Handlungsspielräume künftiger Volksvertretungen erheblich einschränken.
Auf den Punkt brachte es jedoch der Juso-Kreissprecher Florian Baczinsky. Er fragte, wo seien die Privaten besser, so dass sie sich einen Vorteil erhoffen dürften, der nicht zugleich zum Nachteil für die öffentliche Hand würde. Aus den Versatzstücken der anschließenden Redebeiträge ergab sich die Antwort. Die Privaten unterlägen nicht so sehr den Einschränkungen des Vergaberechts und der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes. Dies wurde allerdings von Michael Bürsch gekontert, der deutlich machte, dass bei der derzeitigen Haushaltssituation der Gebietskörperschaften ohne ÖPP weder eine Investition und damit Vergabe stattfindet noch ein Betrieb und damit irgendjemand zu gleich welchem Tarifvertrag beschäftigt werden würde.
Der Abend endete ohne greifbares Ergebnis. Dies war allerdings weder beabsichtigt noch zu erwarten. Es war jedoch eine der lebhaftesten und am spürbarsten engagiert geführten Debatten der letzten Zeit und eine Werbung für die Rathausforen.
Axel Seltz, Abteilung Schöneberg