TTIP: Tanz der Konzerne

Veröffentlicht am 05.03.2014 in Europa

Gefahren eines Freihandelsabkommens EU-US

Schon der Titel führt in die Irre.
Um Freihandel geht es bei der geplanten Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) nur am Rande. Jeden Tag werden zwischen Nordamerika und der EU Waren und Dienstleistungen im Wert von 1,8 Milliarden Euro gehandelt. Das entspricht 30 % des gesamten Welthandels. Zollschranken – meist mit niedrigen Tarifen - gelten nur noch für rund 5 % des Handelsvolumens zwischen EU und USA. Tarifäre Handelshemmnisse behindern den Warenaustausch über den Atlantik praktisch nicht mehr. Tatsächlich geht es um etwas anderes.

Seit der Gründung des Transatlantischen Wirtschaftsrats (TEC) im Jahr 2007 streben beide Seiten vor allem den Abbau nicht-tarifärer Handelshemmnisse an. Es sind die staatlichen Zulassungsstandards und Schutzgesetze, die stören. Erklärte Ziele des TEC sind die Harmonisierung von Industriestandards und der regulierenden Gesetzgebung sowie der Zugang für Investoren zur öffentlichen Auftragsvergabe der jeweils anderen Seite.

All dies soll nun als verbindliches Völkerrecht den erlösenden Wachstumsschub erzeugen. EU-Handelskommissar Karel de Gucht schwärmt bereits von einer zusätzlichen Wirtschaftsleistung von 119 (!) Milliarden Euro in der EU und 500 Euro mehr Jahreseinkommen pro Familie.

Die Bertelsmann-Stiftung hat sogar schon die Wachstumsraten bis hinters Komma berechnet: USA +13,4 %, GB + 9,7 %, Spanien + 6,6 %, Deutschland + 4,7 % - alles in einem Zeitraum von 15 Jahren.

Andere sind nicht so euphorisch. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) sieht nur geringe Beschäftigungswirkungen in Deutschland, die durch die Langfristigkeit der Wachstumseffekte marginal seien. Zudem drohe die Gefahr einer Schwächung des Handels mit den südlichen Euro-Ländern. Auch die Okonomen des Ifo-Instituts prognostizieren für Deutschland eine Verlagerung vom innereuropäischen ( - 30 %) hin zum atlantischen Handel.

Wie auch immer der Aufschwung ausfallen mag – klar ist schon jetzt, wo er angekurbelt werden soll. Nach einer Studie des Centre for Economic Policy Research in London von 2013 resultiert der wirtschaftliche Nutzen des TTIP zu 80 % aus dem Abbau von Regulierung sowie der Liberalisierung des Dienstleistungsverkehrs und des öffentlichen Ausschreibungswesens.

Das heißt im Klartext: Allein die Privatisierung öffentlicher Leistungen und die Absenkung gesetzlicher Schutzstandards versprechen zusätzliche Gewinne für Investoren.

So soll denn auch mit einem ausgeklügelten Investorenschutz eine unternehmensfreundliche staatliche (De-) Regulierung erzwungen werden.

Zunächst ist vorgesehen, das höchste Liberalisierungs- und Investitionsschutzniveau zu vereinbaren, auf das sich beide Seiten bisher in anderen Handelsabkommen verständigt haben. Zur Durchsetzung von Ansprüchen gegen die Staaten sollen dann außerstaatliche Schiedsgerichte über Schadenersatz entscheiden, wenn ein tatsächlicher oder erwarteter Gewinn durch staatliche Rechtsetzung beeinträchtigt wird. Dann hätte Vattenfall leichtes Spiel mit seinen Forderungen wegen des deutschen Atomausstiegs.

Da selbst in der EU-Kommission Zweifel an einem solchen „Schlichtungsmechanismus“ laut wurden, schlagen die US-Unterhändler nun einen „modifizierten Investorenschutz“ vor. Danach sollen Schiedsgerichte erst nach Ausschöpfung des ordentlichen Rechtswegs tätig werden.

Der Unterschied ist gering.

Äußerst fraglich ist, ob Arbeits- und Sozialstandards dann noch zu halten sind. Schon innerhalb der EU ist es Rechtspraxis, daß die Tarifbindung bei öffentlichen Aufträgen ausgehebelt wird, wenn der Billig-Anbieter ein geschütztes Marktzugangsrecht hat. Es steht zu befürchten, daß dieses Prinzip erneut kodifiziert wird. Schließlich entfallen 25 % des BIP der EU auf Unternehmen, die von öffentlichen Aufträgen abhängig sind.

Ein Investitionsschutzabkommen mit eigenständiger Gerichtsbarkeit wäre auch das Ende einer wirksamen europäischen Umwelt- und Verbraucherschutzpolitik. Die Öffnung des europäischen Markts für Fracking-Technologie oder Chlorhähnchen wäre nicht mehr zu verhindern.

Bislang ist nichts entschieden. Die Verhandlungen stocken wegen der NSA-Affäre. Ob am Ende ein Abkommen zwischen EU und USA Vorteile für die Bürgerinnen und Bürger bringt oder nur die Konzerne zum Tanzen bringt – darüber muss eine intensive, kontroverse Debatte geführt werden.

Die Europa-Wahl wäre eine Gelegenheit dazu.

Frank Zimmermann, Mitglied des Abgeordnetenhaus Berlin

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